10 Tipps zur Tierfotografie
Sven Herdt
19.10.2025 - vor 23 Stunden

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1.) Lerne das Tier kennen
Die Wildlifefotografie sollte mehr sein als nur das bloße ablichten von Tieren. Ich denke das ganze ist eine Lebenseinstellung zur Natur. Man hat Freude daran Tiere in der Freiheit zu beobachten. Egal ob ein Falke am Himmel rüttelt oder das Reh am Rand des Feldes steht ich persönlich bin fasziniert davon. Wenn man sich einmal mit bestimmten Tieren befasst und Eigenheiten kennen lernt, beginnen diese auch häufig erst interessant zu werden. Es gibt so geniale Geschichten zu bestimmten Arten wenn man einmal im Internet recherchiert oder sich von Biologen etwas erzählen lässt. Die Kenntnis über bestimmte Verhaltensmuster erleichtern uns dazu auch häufig die Tiere zu fotografieren und schützen das Tier vor Unwissenheit. Es beginnt erst einmal zu wissen wann und wo man dem Tier begegnen kann. Wie oft bin ich in Island Menschen begegnet die enttäuscht von den Papageitaucher erzählten, da sie nicht wussten, dass der Großteil der Kolonie erst während der Abendstunden vom offenen Meer zurück an das Land kommt oder sie waren zu falschen Jahreszeit da und es gab gar keine Papageitaucher. Wovor hat das Tier Angst und welche Sinne sind besonders ausgeprägt. Diese Fragen sind besonders hilfreich um das Tier nicht unnötig zu verscheuchen und auch aussagekräftige Bilder zu erhalten.
2.) Richtige Kameraeinstellung für Tiere
Die Kameras sind in der Landschaftsfotografie wohl weniger wichtig als bei der Tierfotografie. Was man in der Landschaft vernachlässigen kann macht bei Wildtieren den großen Unterschied. Die Schnelligkeit des Autofokus, Augenerkennung, Serienbildfunktion oder auch das Rauschverhalten der bei hohen ISO-Zahlen macht auch heute noch Fortschritte. Aber auch die beste Kamera muss richtig bedient werden. Hier ist eine kurzer Überblick der wichtigsten Einstellungen. Alle diese Einstellungen habe ich in einem C-Modus abgespeichert um schnell von der Landschaft auf Tiere wechseln zu können.
M-Modus
Ich fotografiere Tiere stets im manuellen Modus. So kann ich meine Belichtungszeit und die Blende dem Tier und der Aufnahmesituation anpassen.
Kurze Verschlusszeit
Um scharfe Bilder zu erhalten ist die Verschlusszeit der entscheidende Faktor. Zum einen können wir selbst das Bild verwackeln und zum anderen bewegt sich das Tier. Früher gab es für die Unschärfe durch Verwackeln eine einfache Regel. Doch heute ist diese Regel durch die Bildstabilisatoren immer mehr überholt und jeder sollte selbst wissen wie lange er mit welchem Objektiv und Brennweite belichten kann um scharfe Bilder zu erhalten. Aber nicht nur wir bewegen uns sonder natürlich auch die Tiere. Auch hier kann man keine bestimmte Zeit nennen. Eine Eule die für den gesamten Tag ihren Sitzplatz hat bewegt sich natürlich langsamer als ein Kolibri im Flug. Ich habe als Grundeinstellung in meinem C-Menü 1/1000 eingestellt. Diese Zeit wird dann je nach Tier und Bewegung verkürzt oder verlängert.
Offene Blende
Die Blende ist meist weit geöffnet. Das bedeutet eine möglichst niedrige Blendenzahl. So erhält man eine möglichst gute Freistellung des Tieres und ein ansprechendes Bokeh. Die geöffnete Blende hat zudem noch den Nebeneffekt, dass das nötige Licht schnell auf den Sensor trifft und die Zeit somit möglichst kurz wird. Für komplett scharfe Tiere ist es ideal wenn die Tiere diagonal zu einem stehen so hat man nur eine kleine Schärfenebene. Wenn man Tiere der Länge nach fotografiert ist es teilweise schwierig das ganze Tier scharf zu bekommen. In diesem Fall kann man natürlich auch etwas abblenden, dass zumindest der Kopf scharf wird. Ein Klassiker sind Vögel im Portrait. Hier wird der Schnabel meist völlig unscharf wenn er nicht diagonal zu einen steht.
ISO-Automatik
Obwohl ich im manuellen Modus bin nutze ich dennoch die ISO-Automatik. Somit fotografiere ich trotz des manuellen Modus in einer Halbautomatik. Die ISO stellt sich der jeweiligen Lichtsituation ein. Diese Art der Fotografie wäre vor 10 Jahren noch undenkbar gewesen, da die ISO-Zahl eine große Rolle spielte. Doch die Sensoren werden immer besser und dadurch auch das Rauschverhalten. Jeder sollte für sich entscheiden wie hoch er mit seiner Kamera mit der ISO gehen möchte und dies in seinen Einstellungen limitieren. Aber trotz dieser Limitierung sollte man immer die Werte im Blick behalten. Nicht selten drehe ich die Zeit um eine Blendenstufe herab um bei den ISO doch etwas einzusparen. Ebenfalls kann man bei ISO-Automatik die Belichtungswaage nutzen was ich immer sehr gerne mache um mit schwierigen Lichtsituation umzugehen.
Serienbild
Um die perfekte Situation zu erwischen ist es ratsam die Serienbildfunktion in der Kamera zu aktivieren. Natürlich bedeutet dies, dass man am Ende einige Bilder mehr löschen muss aber so kommt man einfacher zu besseren Bildergebnissen. Bei Vögel im Flug möchte man als Beispiel eine gewisse Flügelstellung. Wenn man nur immer ein Foto nach dem anderen macht ist dies ein Zufallsprodukt. Bei 15 Bilder die Sekunde sieht dies schon ganz anders aus. Heutige Kameras liefern oft 30 Bilder die Sekunde und mehr. Ob dies wirklich nötig ist sei dahingestellt. Man muss eben auch bedenken, dass die Kamera und Karte diese Daten auch abspeichern muss. Ich persönlich nutze daher meist nicht die höchste Geschwindigkeit aber kann dadurch länger fotografieren bis der Zwischenspeicher überlastet ist. Wichtig wäre vor allem hierbei nicht bei der Speicherkarte Geld zu sparen. Was nützt einem die beste und schnellste Kamera wenn die Karte nicht passend ist und man von der Geschwindigkeit nicht profitieren kann.
Autofokus
Beim Autofokus gibt es mehrere Dinge zu beachten und jeder muss auch wissen was ihm seine Kamera bietet. Ich halte mich bei diesem Blogbeitrag möglichst kurz und schneide alles nur an.
Zuerst einmal macht es Sinn, dass man den AF für bewegende Motive einstellt. Ich nutze daher den Servo (Canon) bzw. AF-C Modus (Nikon, Sony). Somit bewegt sich der Fokus mit dem bewegenden Motiv mit. Weiter bieten heutige Kameras Einstellungen wie Tiererkennung, Augenerkennung oder auch 3D-Tracking. Hier sollte sich jeder selbst mit seiner Kamera beschäftigen. Es macht vermutlich Sinn dazugehörige YouTube Videos anzusehen. Auch habe ich vor allem für die Tierfotografie etliche Knöpfe umprogrammiert. So nutze ich den Backbutton Fokus und andere schnelle Einstellmöglichkeiten. Doch dies würde den Rahmen hier sprengen und ist möglicherweise einen weiteren Blogbeitrag wert.
3.) Fotografiere auf Augenhöhe
Ein häufiger Fehler besteht darin, dass Tiere von oben fotografiert werden. Begebe dich auf Augenhöhe und das Resultat wird gleich viel besser sein! Zum einen bekommen wir so eine spannende Perspektive und zum anderen kann man dadurch das Tier gut freistellen. Häufig machen sogar ein paar Zentimeter noch einen großen Unterschied. Gehe tief oder lege dich hin für ausdrucksstarke Bilder. Wie oft wünsche ich mir auf Safaris in Afrika meine Position ändern zu können. Für mich als Wildlifefotograf ist es manchmal wirklich frustrierend so nah am perfekten Bild zu sein aber bei solchen Touren nicht tiefer gehen zu können. Also runter wenn es möglich ist!
4.) Das Auge scharf erwischen ist wichtig
Wie auch bei der Portraitfotografie bei Menschen ist auch bei Tieren das Auge einer der entscheidenden Faktoren ob ein Bild ansprechend ist oder eben nicht seine volle Wirkung erzielt. Ein Foto auf dem das Auge nicht scharf ist wirkt meist misslungen. Dies ist mit der heutigen Technik des Autofokus, Tiererkennung und der Augenerkennung immer leichter umzusetzen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass man einen Glanzpunkt im Auge hat. Durch diesen Lichtreflex wird dem Tier Leben eingehaucht. Besonders bei Tieren mit dunklen Augen wie Robben oder auch Braunbären ist dies nochmals wichtiger.
5.) Die Bedeutung von Licht bei Tierfotografie
Fotografie bedeutet malen mit Licht und der richtige Einsatz davon ist der wichtigste Bestandteil für aussagekräftige Bilder. Das goldene Morgen- und Abendlicht hat natürlich seinen besonderen Reiz. Fast immer ist dieses direkte warme Licht von der Seite oder im Gegenlicht ästhetischer als direkt von vorne. Fell und Gefieder werden dadurch schön durchleuchtet und bekommen einen schönen Schein. Aber nicht nur diese perfekten Lichtverhältnisse machen gute Bilder. Es ist oft wichtig, dass man lernt Licht zu lesen. Mit Hilfe von Über- oder Unterbelichtung kann man dadurch bestimmte Effekte zu erzeugen. Als Beispiel dient dieses Highkey eine Flamingos das im Gegenlicht des Nachmittags entstanden ist oder auch das Bild eines Kolibris, welches bei hartem Licht in der Mittagszeit fotografiert wurde. Nur durch gezielte Unterbelichtung erhält dieses Foto seinen Reiz hat.
6.) Der richtige Bildausschnitt
Wenn man mit der Tierfotografie beginnt und ein Telezoom zur verfügung hat ist man häufig dazu verleitet die größtmögliche Brennweite zu nutzen. Doch gehe ich häufig davon weg. Auch wenn es natürlich schön sein kann das Tier möglichst formatfüllend abzulichten, ist es häufig interessanter den Lebensraum mit einzubeziehen. Wenn man eine aussagekräftige Umgebung hat sollte man dies unbedingt machen. So erhält der Betrachter noch mehr Informationen. Man sieht in welcher Landschaft das Tier lebt. Dabei sollte das Tier natürlich schön in die Landschaft eingefügt sein. Wenn die Umgebung zu unruhig wirkt und eher störend für das gesamte Foto ist macht es natürlich wenig Sinn.
7.) Deshalb ist Geduld wichtig in der Tierfotografie
Wildlifefotografie benötigt vor allem Zeit. Häufig muss man erst einmal Zeit in der Planung verwenden bevor man überhaupt mit der Fotografie beginnt. Es ist eben kein Portrait eines Menschen im Studio wo man das Model aufstellt und in kürzester Zeit gute Ergebnisse bekommen kann. Nehmen wir als Beispiel die Bärenfotografie in Finnland aus dem Fotoversteck. Die Veranstalter haben alles perfekt für uns vorbereitet und die Planung ist somit eigentlich schon getan aber trotzdem muss man teilweise Stunden warten bis man ein Tier vor die Linse bekommt. Ja ohne diese Vorbereitung der Einheimischen würden vermutlich sogar Wochen vergehen bis man einen finnischen Braunbären in freier Natur auf gute Distanz vor die Kamera bekommt. Doch das ist ein Teil der Tierfotografie. Sei in de rNatur unterwegs und genieße die Zeit vor Ort. Wenn es dir nur um gute Bilder geht bist du in der Wildlifefotografie wohl im falschen Genre.
8.) Aktionen und Emotionen festhalten
Wenn man das erste mal ein bestimmtes Wildtier fotografiert freut man sich total über ein Bild. Doch meist beginnt dann erst so richtig das Projekt. Es ist ein Unterschied ein Tier einfach nur abzulichten oder dann wirklich etwas besonderes zu fotografieren und das benötigt eben wieder Zeit, Geduld und Wissen. Ich habe schon mehrere Wochen in Finnland verbracht und nur einmal habe ich erlebt, dass zwei konkurrierende Bären kämpfen und aufeinander zu gehen. Solche Momente sind das was man haben möchte. Weitere Beispiele wären bei den Braunbären z.B Interaktionen mit Wölfen, eine Mutter mit ihren Jungen, Junge die spielen, Junge die auf Bäume klettern und noch so manches mehr. Ein Bär der einfach nur da steht ist natürlich zu Beginn sehr beeindruckend aber es geht eben noch besser. Genauso ist es auch mit anderen Tieren. Versuche für besondere Fotos nicht nur das Tier abzulichten sondern bestimmte Emotionen oder Aktionen fest zu halten.
9.) Tiere nicht in der Mitte platzieren
Jeder hat schon einmal etwas vom Goldenen Schnitt oder der Drittel-Regel gehört. Das sind Proportionen die für unser Augen angenehm und interessant erscheinen. Versuche die Tiere daher nicht immer mittig zu fotografieren. Positioniere die Motive am besten auf Schnittpunkte dieser Drittel-Regel. In die Richtung zu der das Tier blickt sollte immer mehr Platz sein als umgekehrt. Durch einhalten dieser Regel erhältst du gelungene Aufnahmen die sich von der Masse abheben. Aber wie alle Regeln kann man natürlich auch diese brechen für ausdrucksstarke Bilder. Tiere die frontal in die Kamera blicken können als Beispiel auch sehr gut zentral wirken.
10.) Experimentiere und habe Spass
Am Ende kann man die ganzen Regeln natürlich wieder verwerfen und zu experimentieren beginnen. Warum nicht einfach mal eine Sekunde belichten und dabei das sich bewegende Tier verfolgen. Ja oder sogar ein ICM mit mehreren Sekunden. Vergiss die Drittel Regel und setze dein Foto noch provokanter an die Seite mit viel Spielraum außen rum. Weg von den herkömmlichen Regeln kann durchaus beeindruckende Ergebnisse liefern. Doch auch dieses missachten der Grundregeln sollte bewusst eingesetzt werden. Mir macht diese Art der Fotografie häufig viel Spass probiere es einfach mal aus!